Ein Auftragnehmer war vom Besteller mit der “Abtragung eines Erdwalls und Verwertung des Materials” beauftragt worden. Aus dem Leistungsverzeichnis ergab sich lediglich das Vorhandensein von Erdreich und Fels. Im Rahmen der Vertragsarbeiten wurde in nicht unerheblichem Maße Müll im Erdreich zu Tage gefördert, der aufgenommen und entsorgt werden musste. Der Auftragnehmer berechnet dem Besteller für eine “zusätzliche” Leistung gesonderte Vergütung. Der Besteller lehnt die Bezahlung ab unter anderem unter Berufung darauf, der Auftragnehmer habe den Mehraufwand vor Ausführung nicht angekündigt.

Das OLG Hamm verurteilt den Besteller zur Zahlung. Wenngleich die Ermittlung der Vergütungsansprüche im Fall einer Änderungs- oder einer Zusatzleistung im Ergebnis gleich erfolgt , ist eine Differenzierung dann maßgeblich, wenn es auf die Frage ankommt, ob – wie bei einer zusätzlichen Leistung gefordert – der Auftragnehmer vor Ausführung der Leistung gem. § 2 Abs. 6 VOB/B die Mehrkosten angezeigt hat. Denn die Ankündigung ist grundsätzlich Anspruchsvoraussetzung (s. BGH, IBR 1996, 313). In dem vom OLG Hamm zu entscheidenden Rechtsstreit hatte der Auftragnehmer nach dem Leistungsverzeichnis (nur) Boden und Fels abzutragen und zu verwerten. Während der Ausführung stellte sich heraus, dass im Erdreich Müll enthalten war, dessen Separierung und Entsorgung der Auftraggeber (AG) vom Auftragnehmer (AN) verlangte. Weil der AN den AG nicht auf die hiermit verbundenen Mehrkosten i.H.v. rund 11.000 Euro hingewiesen hatte, verweigerte der AG die Bezahlung der entsprechenden Nachtragsforderung.

Aus Sicht des OLG Hamm stellt sich das Separieren und Entsorgen des im Erdwall enthaltenen Mülls als Änderung der vorgesehenen Leistung “Abtragung des Erdwalls und Verwertung des Materials” dar, da die betreffende Position des Leistungsverzeichnisses als Material lediglich Boden und Fels, nicht aber Müll ausweist. Für eine Leistungsänderung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B spricht auch, dass nach DIN 18299 Nr. 4.1.12 die Entsorgung von Abfall aus dem Bereich des AG bis zu einer Menge von einem Kubikmeter als Nebenleistung zu werten ist. Im Ergebnis war der Mehrvergütungsanspruch vom Auftragnehmer daher nicht anzukündigen.

(OLG Hamm, Urteil vom 27.03.2019 – 12 U 66/17; BGH, Beschluss vom 08.04.2021 – VII ZR 78/19 , Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht