Streitgegenständlich ist ein Bauwerksvertrag über Trockenbauarbeiten. Für die Ausführung waren 48 Werktage nach Ausführungsbeginn vereinbart. Weil Vorgewerke nicht fachgerecht bereitgestellt wurden, zeigte der Auftragnehmer (AN) kurz nach Beginn der Arbeiten berechtigt Behinderung an. Der Auftraggeber (AG) musste nach Beseitigung der Behinderung und Aufforderung zur Fortsetzung der Vertragsleistungen den AN mahnen. Dieser setzt die Arbeiten fort, stellt sie dann aber wieder ohne Begründung ein. Der AN zeigt erneut Behinderung an mit der Begründung, der AG habe einen streitigen Nachtrag nicht beauftragt. Der AG weist den Nachtrag als nicht prüfbar zurück und fordert den AN erfolglos zur Begründung auf. Weil der AN die Baustelle zeitweise über Wochen nicht besetzt, fordert der AG ihn vergeblich zur Förderung der Arbeiten auf der Baustelle auf. Unter Hinweis darauf, dass Vorgewerke behindert werden und der Gesamtfertigstellungstermin in Gefahr sei, fordert der AG den AN sechs mal auf und mahnt ihn schriftlich mit Fristsetzungen. Für den Fall des fruchtlosen Ablaufs der Fristen droht der AG die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund an. Die gesetzten Fristen verstreichen fruchtlos, der AG kündigt fristlos aus wichtigem Grund.

Der AN klagt aus seiner Schlussrechnung knapp 70.000 Euro ein. Auf Antrag des AG stellt das Gericht fest, dass die Kündigung des AG eine berechtigte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund darstelle und versagt dem AN den Restwerklohn.

Die Berufung des AN bleibt erfolglos, weil das Berufungsgericht die Kündigung des AG durch § 8 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 4 VOB/B gestützt sieht. Der AN habe sich im Verzug befunden. Er habe zudem Vertragspflichten grob verletzt. und habe die vom AG zulässigerweise gesetzten Einzelfristen fruchtlos verstreichen lassen. Entgegen der Auffassung des AN hätten die unstreitigen bauseitigen Verzögerungen zu Beginn der Arbeiten nicht dazu geführt, dass die vertragliche Leistungszeit-vereinbarung vollkommen weggefallen und der AN an keine Leistungszeit mehr gebunden gewesen sei. Vielmehr habe sich die vertragliche Leistungszeit verlängert nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 a VOB/B. Die Arbeiten hätten längst abgeschlossen sein müssen. Angesichts der besonders schweren Vertragsverletzung des AN sei für die außerordentliche Kündigung eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung nicht erforderlich gewesen. Denn über erhebliche Zeiträume seien keinerlei Arbeiter des AN auf der Baustelle anzutreffen gewesen. Auf mehrere Mahnschreiben des AG habe der AN nicht reagiert.

(OLG Celle, Urteil vom 29.09.2021 – 14 U 149/20, nicht rechtskräftig)

Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht