Ein Architekt klagt gegen den Auftraggeber auf Zahlung von Architektenhonorar unter Berufung darauf, dass in die anrechenbaren Kosten rund € 650.000,00 für mitverarbeitete Bausubstanz einzustellen sind. Der Auftraggeber tritt dem entgegen mit dem Argument,  die mitverarbeitete Bausubstanz sei nur in einigen wenigen Leistungsphasen von Bedeutung gewesen. Der Architekt hält dem entgegen, dass sich die Parteien über den Umfang der Kosten für mitverarbeitet Bausubstanz bei Vertragsabschluss geeinigt hätten. Das Landgericht spricht dem Architekten das eingeklagte Honorar zu.

Das OLG weist die Berufung des Auftraggebers als offensichtlich unbegründet zurück. Die Privatautonomie gebe den Parteien die Möglichkeit, sich auf den für die mitzuverarbeitende Bausubstanz anzusetzenden Betrag zu verständigen. Ob der gewählte Betrag zutreffend sei oder nicht, sei nicht entscheidungserheblich.

Im Rahmen dieser Entscheidung stellt das Berufungsgericht zum Rechtsverhältnis von Bauüberwacher und ausführendem Unternehmer als Gesamtschuldner wegen sich manifestierter Baumängel Folgendes klar: Im Verhältnis zwischen einem Bauüberwacher und dem bauausführendenden Unternehmer bestehe ein Gesamtschuldverhältnis. Der Bauherr könne wegen eines Baumangels, für den auch der bauüberwachende Architekt hafte, sowohl das ausführende Unternehmen als auch den Bauüberwacher in Anspruch nehmen. Nur ausnahmsweise sei es geboten, den Bauherrn auf die vorrangige Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners zu verweisen. Wenn der Bauherr durch einen Sicherheitseinbehalt im Verhältnis zum bauausführenden Unternehmer ausreichend geschützt sei, müsse diese Sicherung im Verhältnis zum Bauüberwacher berücksichtigt werden. Das könne im Einzelfall dazu führen, dass die Inanspruchnahme nur des überwachenden Architekten treuwidrig und damit unzulässig sei.

(OLG München, Beschluss vom 20.09.2019 – 28 U 2914/17; BGH, Beschluss vom 02.07.2020 – VII ZR 223/19, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht