Das Landgericht Frankfurt am Main hatte folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

Einem WEG-Verwalter war per einstweiliger Verfügung die Durchführung einer für Anfang November 2020 anberaumten Eigentümerversammlung untersagt worden, weil die Eigentümer die Begehung einer Ordnungswidrigkeit nach der hessischen Corona-Schutzverordnung vom 29.10.2020 fürchteten. Der Verwalter indes berief sich u. a. auf eine dortige Ausnahmeregelung (“Zusammenkünfte von Personen, die aus geschäftlichen, beruflichen, dienstlichen oder betreuungsrelevanten Gründen unmittelbar zusammenarbeiten müssen, sowie Sitzungen und Gerichtsverhandlungen”). Nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen stritten die Parteien nur noch über die Kosten.

Das Landgericht gab dem Verwalter die Kosten auf.

Den Entscheidungsgründen ist zu entnehmen, dass während der Pandemie eine Eigentümer-versammlung nicht ordnungsgemäß sei, wenn öffentlich-rechtliche Beschränkungen eine Durchführung nicht gestatten. Dabei komme es auf den Zeitpunkt der Versammlung an, so dass bei Änderungen der Rechtslage zwischen Ladung und Durchführung der Verwalter absagen müsse, wenn die Teilnahme den Eigentümern nicht mehr zumutbar sei. Das sei insbesondere auch dann der Fall, wenn aufgrund einer unklaren Rechtslage die (objektive) Gefahr bestehe, sich ordnungswidrig zu verhalten.

Nach Einschätzung der Landgerichtskammer sei eine derartige Situation gegeben gewesen. Nachdem absehbar mehr als zwei Haushalte beteiligt waren, unterfalle die Eigentümerversammlung dem Anwendungsbereich  des § 1 Nr. 1 der CoranaSchutzVO; Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Versammlung nicht-öffentlich sein sollte und es sich um eine Veranstaltung im “öffentlichen Raum” handle und gerade nicht nur im “privaten Kreis.” Ob eine Eigentümerversammlung unter die Ausnahmeregelung falle, sei “völlig unsicher und für die Eigentümer nicht absehbar”

Bei der aktuellen Pandemielage und der bestehenden Rechtsunsicherheit kann man nach wie vor nur davon abraten, Präsensversammlungen durchzuführen. Wenngleich die Ladung zu solchen Versammlungen per se nicht ordnungswidrig sein dürfte, wird der Verwalter aber im Einzelfall zu prüfen haben, ob im Blick auf die Anzahl der erschienenen und teilnahmewilligen Mitglieder oder Vertreter die an den Versammlungsort zu stellenden Anforderungen nach dem Infektionsschutzgesetz und der Pandemieverordnung erfüllt sind. Das ist sicher eine haftungsträchtige Entscheidung, zumal auch unterschiedliche Interpretationen der Verordnungstexte in den einzelnen Ländern vorherrschen. Auch aus diesem Grund müssen Eigentümer nicht das Risiko eingehen, sich der Gefahr eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens auszusetzen.

(LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 29.03.2021 – 2-13 T 7/21)

Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht