Ein Architekt war zu einem Bauvorhaben mit der Erbringung der Leistungsphasen 5-8 beauftragt worden. Die Parteien hatten ein pauschales Honorar i.H.v. 11.000 € vereinbart. Die Besteller hatten darauf Abschläge in Höhe von rund 10.000 € bezahlt und in der Folge den Architektenvertrag aus wichtigem Grund gekündigt. Vom Architekten verlangten sie rund 8500 € Abschläge zurück. Der Architekt trat der Forderung entgegen unter anderem mit dem Argument, ein wichtiger Grund für den Ausspruch der Vertragskündigung sei nicht gegeben. Die Besteller müssten sich die Vergütungsfolge nach freier Auftraggeberkündigung gefallen lassen. Die Besteller klagten auf Rückzahlung.

Das OLG Celle hat in der Berufungsinstanz den Rückzahlungsanspruch der Besteller bestätigt und auf Folgendes hingewiesen:  Solange der Architekt als Auftragnehmer im Prozess über die Rückzahlung von Abschlags- bzw. Vorauszahlungen von Architektenhonorar keine endgültige Abrechnung vorlegt, kann es auf die Frage, ob eine Kündigung aus wichtigem Grund oder lediglich eine sog. freie Kündigung vorliegt, nicht entscheidungserheblich ankommen. Denn der Auftragnehmer hat nicht nur im Fall einer Kündigung aus wichtigem Grund durch Legung einer Endabrechnung darzulegen (und ggf. zu beweisen), dass er die vereinnahmten Vorauszahlungen endgültig behalten darf. Vielmehr gilt dies grundsätzlich ebenso im Falle einer freien Kündigung.  Denn auch in diesem Fall  hat der Auftragnehmer seine gesamten Leistungen, also die erbrachten wie die nicht erbrachten insgesamt abzurechnen und in diese Abrechnung die geleisteten Abschlagszahlungen einzustellen. Zudem hat er zu beziffern, was er sich an ersparten Aufwendungen bzw. als Erwerb durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft anzurechnen lassen hat.  Steht zwischen den Parteien im Streit, ob eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund oder eine freie Kündigung vorliegt, muss der Auftragnehmer von seinem Standpunkt aus eine entsprechende Abrechnung zunächst vornehmen. Solange er dies nicht tut, kann der Auftraggeber bei schlüssiger eigener Berechnung einen etwaigen Überschuss zurückverlangen, ohne dass es auf einer Klärung der Kündigungsfrage ankommt.  Vereinbaren die Vertragsparteien Voraus- oder Abschlagszahlungen, hat der Besteller ein berechtigtes Interesse daran, dass der Unternehmer die ihm nach einer Kündigung des Vertrages oder nach Abnahme zustehende endgültige Vergütung unter Berücksichtigung geleisteter Voraus- oder Abschlagszahlungen in einer endgültigen Rechnung abrechnet. Die Verpflichtung des Unternehmers, dem Besteller die genannte Rechnung zu erteilen, folgt aus dem vorläufigen Charakter der Voraus- oder Abschlagszahlungen (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.2015 – VII ZR 6/14, Rn. 13 f m. w. N.). Daher ist der Auftragnehmer nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichthofes verpflichtet, seine Leistungen nach Abnahme oder Beendigung des Vertrages abzurechnen und einen etwaigen Überschuss auszuzahlen (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.1999 – VII ZR 399/97 -; Urt. v. 22.11.2007 – VII ZR 130/06).  Legt der Auftragnehmer in angemessener Frist keine Schlussrechnung vor, kann der Auftraggeber die Klage auf Zahlung eines Überschusses mit einer eigenen Berechnung begründen (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.1999 – VII ZR 399/97). Ausreichend ist eine Abrechnung, aus der sich ergibt, in welcher Höhe der Auftraggeber Voraus- und Abschlagszahlungen geleistet hat und dass diesen Zahlungen eine entsprechende endgültige Vergütung des Auftragnehmers nicht gegenübersteht. Soweit dem Auftraggeber eine nähere Darlegung dazu nicht möglich ist, kann er sich auf den Vortrag beschränken, der bei zumutbarer Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Quellen seinem Kenntnisstand entspricht, und ist namentlich nicht verpflichtet, selbst eine prüffähige Abrechnung zu erstellen (vgl. BGH, a. a. O.; Urt. v. 22.11.2007 – VII ZR 130/06). Hat der Auftraggeber nach diesen Grundsätzen ausreichend vorgetragen, muss der Auftragnehmer darlegen und beweisen, dass er berechtigt ist, die Voraus- und Abschlagszahlungen endgültig zu behalten (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.2015 – VII ZR 6/14 – m. w. N; Senat, Urt. v. 10.03.2010 – 14 U 128/09). Dies gilt auch, wenn ein Pauschalpreisvertrag gekündigt wird und zwischen den Parteien streitig ist, ob der Auftraggeber berechtigt war, den Architektenvertrag aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen. Auch dann hat der Unternehmer zur Darlegung seiner Vergütung grundsätzlich die erbrachten und die nicht erbrachten Leistungen voneinander abzugrenzen (vgl. Senat, Urt. v. 08.01.2020 – 14 U 96/19).

(OLG Celle,  06.10.2021 – 14 U 153/20 -)

Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht