Die klagende Auftragnehmerin war vom Besteller mit der Ausführung von Trockenbauarbeiten beauftragt worden. Der Besteller musste wiederholt beklagen, dass die Auftragnehmerin über längere Zeiträume keine Arbeiter auf der Baustelle einsetzte und auch auf wiederholte Aufforderung, die Präsenz auf der Baustelle zu erhöhen, um die Vertragsarbeiten voranzutreiben, nicht reagierte. Der Besteller sprach daraufhin der Auftragnehmerin die fristlose Vertragskündigung aus. Die Auftragnehmerin fordert Restwerklohn ein.

Das OLG Celle weist die Klage der Auftragnehmerin ab und bestätigt dem Besteller, begründet die Vertragskündigung ausgesprochen zu haben, weil sich die Auftragnehmerin einer schweren Vertragsverletzung schuldig gemacht hatte. Die Klägerin hatte u.a. in der Zeit vom 05.09.2016 bis zum 27.09.2016 überhaupt keine Arbeiter auf der Baustelle der Beklagten im Einsatz. Auf mehrere Mahnschreiben der Beklagten hat die Klägerin nicht reagiert. Nach den vorgenannten Mahnungen konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin ihre Arbeiten zeitnah zu Ende bringen würde. Die Klägerin hat damit in grober Weise gegen § 6 Abs. 3 VOB/B verstoßen, nach dem der Auftragnehmer die Pflicht hat, alles zu tun, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, um die Arbeiten wieder aufzunehmen.

Nach Auffassung des OLG sei eine fristlose Kündigung vor allem dann gerechtfertigt, wenn der Auftragnehmer trotz Abmahnungen des Auftraggebers mehrfach und nachhaltig gegen eine Vertragspflicht verstoße und damit die Annahme gerechtfertigt sei, dieser werde sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten (vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95).

Diese Voraussetzung sei als weiterer selbstständig tragender Kündigungsgrund erfüllt.
Der Senat sei überdies der Ansicht, dass die Klägerin gegen die ihr obliegende Kooperationspflicht verstoßen habe. Denn die Vertragsparteien eines VOB/B-Vertrages seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet. Aus dem Kooperationsverhältnis ergäben sich Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 245/94). Die Kooperationspflichten sollten unter anderem gewährleisten, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung einer oder beider Parteien die vertraglich vorgesehene Vertragsdurchführung oder der Inhalt des Vertrages an die geänderten tatsächlichen Umstände angepasst werden müsse, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt würden. Auch die schwerwiegende Verletzung der Kooperationspflichten gegenüber dem Arbeitgeber ohne Bereitschaft, den Konflikt einvernehmlich zu regeln, rechtfertige die fristlose Kündigung des Vertrages. Dieser Pflicht habe sich die Klägerin grob vertragswidrig entzogen, in dem sie nicht auf die Mahnungen und Fristsetzungen der Beklagten reagiert habe.

Aus Sicht der Beklagten sei überdies vollkommen unklar gewesen, ob und ggf. wann die Klägerin ihre vertraglich geschuldeten Arbeiten beenden könnte. Die Klägerin habe hierzu keinerlei Angaben gemacht. Aufgrund des Verhaltens der Klägerin sei der Fertigstellungstermin der gesamten baulichen Leistung bis Mitte Dezember in Gefahr gewesen. Die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, solange abzuwarten, bis auch die der Klägerin nachfolgenden Gewerke nicht mehr fristgerecht habe liefern können, und zu riskieren, dass die gesamte bauliche Leistung nicht mehr fristgerecht hätte fertiggestellt werden können.

(OLG Celle,  Urteil vom 29.09.2021 – 14 U 149/20)

Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht